Eine kleine Anekdote der Liebe

PERSONEN:


HERBERT WYSSMIND:

Ein freundlicher, recht betagter Geselle. Er ist sehr sentimental und kann es nicht unterlassen, ab und an seine Gefühle durch Überraschungen zu zeigen.Er ist seit 50 Jahren mit seiner Frau Wyssmind, kurz >Wissli<, verheiratet.


FRAU WYSSMIND:

Ebenfalls eine Frau  im höheren Alter. Sie wird des Öfteren in Missverständnisse verwickelt, da sie so ihre Probleme mit  dem Verstehenvon Dialekten und Akzenten hat.  Sie liebt ihren Herbert über alles und  ist daher sehr eifersüchtig.


DER LIEFERANT:

Ein junger Student, der aus dem Little Britain hergezogen, um an seiner Wunschuniversität zu studieren. Um seine Miete und den Deutschkurs bezahlen zu können, jobbt er nebenbei als Lieferant eines Blumenhandels.


[Wir befinden uns im Flur einer kleinen Wohnung im dritten Stock. Frau Wyssmind hatte es klingeln gehört. Vor der Türe stand ein junger Lieferant mit einem deutlich britischen Akzent. Um seinen Arm trug er einen Strauss mit 50 Rosen und in der Hand hatte er ein zugehöriges Kärtchen.]

FRAU WYSSMIND:

Herbert! Wieso hast du denn fünfzig Rosen bestellt?!


[Geweckt vom alltäglichen Mittagsschläfchen schlurft Herbert herbei.]

HERBERT:

FRAU WYSSMIND:

HERBERT:

FRAU WYSSMIND:

HERBERT:

FRAU WYSSMIND:

Ich wollte sie dir…

[fällt ins Wort] Du wolltest sie vor mir verstecken? Wieso denn das?

Nein, ich wollte sie…

[fällt erneut ins Wort] Sie? Also hast du eine andere. Nach all den Jahren bin ich nun nicht mehr gut genug für dich? Ich hätte ausgedient. Und so zeigst du es mir?

Aber hör doch, Liebes, ich…

[fällt ein weiteres Mal ins Wort] Liebes? Ich bin nicht mehr dein Liebes. Na los! Verschwinde! Geh zu deiner [ironisch] neuen Flamme.


[Frau Wyssmind weist zur Türe und wendet sich dann schluchzend ab. Herbert, völlig verdutzt und erschüttert, geht mit hängenden Schultern und schlurfenden Schritten zur Türe hinaus und vorbei am Lieferanten, der sich seit Beginn des Streits nicht zu bewegen getraut hatte. Man hört noch das Treppenherabsteigen und die Tür ins Schloss fallen, dann kehrt Stille ein. Frau Wyssmind hatte sch wieder einigermassen gefasst und wendet sich nun dem Lieferanten zu, den sie beinahe vergessen:]

FRAU WYSSMIND:

[immer noch schluchzend] Es tut mir leid, dass sie das anhören mussten. Wie schon gesagt ich kenne keine Frau Weissmeind. Ich wäre ihnen sehr dankbar, wenn sie mich jetzt alleine lassen könnten…


[Frau Wyssmind möchte die Türe schliessen, doch der Lieferant stellt seinen Fuss dazwischen.]

LIEFERANT:

Hoult! Please, lesen sie die card noch durk. Vielleikt verstehen sie  then.


[Er gibt ihr das Kärtchen. Genervt liest sie vor:]

FRAU WYSSMIND:

„Schatz, seit nun genau fünfzig Jahren kennen wir uns schon und es waren die schönsten fünfzig Jahre, die ein Mann hätte haben können. Ich freue mich auf viele weitere Jahre mit meinem Wissli!“ [kurze Pause] Aber… Die Rosen sind ja für mich! Oh Herbert, du Trottel! Warum hast du nichts gesagt?


[Frau Wyssmind schlüpft eilig in ihre Pantoffeln, huscht am Lieferanten vorbei, die Treppe hinunter und zur Tür hinaus. Dort sitzt Herbert im strömenden Regen auf einer Bank und starrt traurig vor sich hin. Als Herbert sein Wissli sieht, steht er auf und sie kommen sich entgegen. Reumütig umarmt Frau Wyssmind ihren Herbert:]

FRAU WYSSMIND:

Ich lieb dich doch auch!


Kommentar schreiben

Kommentare: 0